Funktioniert eine Femdombeziehung im Alltag?
Kürzlich waren mein Mann, mit dem ich seit Jahren in einer Femdombeziehung lebe und ich an einer Femdomveranstaltung in Deutschland. Beim Dinner sass mir eine in der Szene bekannte FemDom gegenüber und wir plauderten angeregt. Sie fragte mich, wie wir unser Femdomleben gestalten, eine Femdombeziehung im Alltag funktioniere doch sowieso nicht. Ziemlich überrascht widersprach ich und erwiderte, dass wir Femdom leben, und zwar immer. Sie meinte jedoch, Femdom leben im Alltag, das geht gar nicht. Sie bemerkte, dass ihre Aussage mich erstaunte. Sofort ergänzte die FemDom: „bei uns zumindest funktioniert es nicht! Deshalb frage ich mich – Femdom leben im Alltag, geht das überhaupt?“
Am Anfang waren es Sessions
Als wir Femdom entdeckten, war alles so neu und fremd. Es brauchte einige Vorbereitungen, um in Sessions einzusteigen. Unsicherheiten und eine gewissse Scheu und Bammel vor der eigenen Courage führten dazu, dass ich einen abgesteckten Rahmen benötigte, um mich in diese neue Welt einzulassen. Das ganze zog ich damals mit Hilfe eines Rollenspiels auf. Mein geliebter Ehemann erhielt sofort einen Subnamen und ich selbst schlüpfte in eine weitere Rolle, die es mir ermöglichte, erstmals ohne Gesichtsverlust meine Dominanz und meinen Sadismus auszutesten. So hiess er Adam, wie der erste Mann und ich war für ihn, und bin es heute noch, Dimona, Hüterin der Göttinnen Lilith und Eva. Ja, ein bisschen kompliziert das ganze und sehr dramatisch aufgezogen, mit einem Ritual, welches bis ins Detail von mir geplant und durchgeführt wurde.
Heute muss ich darüber lächeln, damals aber war es zwingend notwendig. Leider kannte ich niemanden, mit dem ich über meine Pläne und Gefühle reden konnte, den ich um Rat fragen konnte. Alleingestellt wusste ich nicht so recht, wie ich mit der Erkenntnis umgehen sollte, dass er devot und ich dominant bin. Wie sollte ich es anstellen dahin zu kommen, eine FemDom zu sein und er mein Sub? Mein Mann wusste nichts von meinen heimlich geschmiedeten Plänen. Wie er reagieren würde, wusste ich nicht genau. Meine Hoffnung war, dass ich auf der richtigen Schiene fuhr und er wirklich so reagieren würde, wie ich es mir vorstellte. Meine Dominanz und mein Sadismus waren noch junge Pflänzchen, welche noch wenig Gelegenheit hatten, kräftig und stark zu werden.
Gleich zu Beginn stand die erste Regel fest im Raum, welche besagte, dass er niemals mehr ohne meine Erlaubnis sich selbst befriedigen dürfe und dass seine zwar seltenen Eskapaden am PC in erotische Welten für immer verboten seien. Das war mir unglaublich wichtig, diese Bedingung musste erfüllt werden, damit ich mich auf den Weg machen konnte, mit seiner Sexualität nach meinem Belieben zu spielen. Keiner von uns sollte es jemals bereuen.
Ganz klassisch und auch klischeehaft kleidete ich mich am Anfang zu jeder Session in Lack und Leder darauf bedacht, mir selbst besonders gut zu gefallen und meinem Adam zu imponieren. Das gelang mir sehr gut, und mich freuten seine Reaktionen. Natürlich fehlten weder Halsband noch Manschetten, weder Peitsche und Rohrstock und mein Kopfkino lieferte mir Vorlagen genug, für die ersten Sessions. Alles ging natürlich nicht reibungslos und glatt über die Bühne. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie mein Adam immer wieder losprusten musste, wenn er mir „ja Herrin Dimona“ sagen musste, um im nächsten Atemzug zu versichern, dass er es ganz ernst meinte. Wir lachten, weinten und wir erlebten grandiose Sessions, so grandios, wie sie eben nur zu Anfang einer Femdomgeschichte sein können.
Von den Sessions in den Alltag
Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass diese Trennung von Sessions und Alltag für mich nicht mehr stimmig war. Ich wollte mehr, ich wollte dauernd spüren, dass er tut, was ich möchte und der Drang, den Alltag nach meinen Regeln zu gestalten, wurde immer grösser. Dabei ist zu sagen, dass sehr viele Dinge ohnehin schon so liefen, wie ich es mir vorstellte und er als devoter Mann sich sowieso meinen Bedürfnissen von Anfang an in unserer Beziehung eher anpasste. Dabei bin ich der eher fürsorgliche und auf Gerechtigkeit bedachte Typ Frau. Es ist nicht so, dass mein Auftreten vorher nicht bestimmend gewesen wäre, und ich nicht den Ton in Sachen Erotik angegeben hatte, nur geschah dies alles wenig bewusst. Neu war es mir jedoch bewusst, und ich wollte diese Klarheit auch im Alltag spüren.
Nach und nach sprach ich Regeln aus, welche ab sofort zu gelten hatten, beispielsweise, dass er nicht essen durfte, bevor ich einen guten Appetit gewünscht habe. Oder, dass er keine Tangas mehr anziehen durfte, weil mir eng anliegende Boxershorts viel besser gefallen. Sein Verhalten, welches für mich zuvor unbefriedigend war, wurde auf Grund meiner Vormachtstellung jetzt neu korrigiert. Zudem wurden seine Privilegien eingeschränkt. Sexuelle Annäherungsversuche seinerseits hatten ab sofort keinen Platz mehr, was dazu führte, dass meine Lust ihn wie ein Sexobjekt zu behandeln sehr gesteigert wurde. Es bleibt zu erwähnen, dass sein eingeforderter Verzicht wenig wog, im Verhältnis zum Gewinn, welches es ihm einbrachte. Zudem fühlte er sich unter meiner Kontrolle immer freier. Bald brauchte ich selbst nicht mehr in die Rolle Dimona, die Hüterin von Lilith und Eva zu schlüpfen, ich war eins mit mir als FemDom. Auch das Outfit spielte keine Rolle mehr. Selbst wenn ich es immer noch schätze, zur passenden Gelegenheit in meine Femdomkleider zu schlüpfen, kann ich jederzeit auch im Pyjama oder in den Gartenklamotten bestimmt und wirkungsvoll auftreten.
Vom Alltag zum BDSM Vertrag
Plötzlich reichte mir das mit ein paar Regeln nicht mehr; besser gesagt, es wurde unüberschaubar. Ich wollte klare Regelungen, wollte schwarz auf weiss sehen, welche Art von Beziehung wir führen und welche Konsequenzen dies für uns beide hat. Klarheit und Verbindlichkeit war das Ziel. Wochenlang recherchierte ich und suchte nach BDSM Verträgen, um einen zu finden, den ich als Vorlage benutzen konnte. Letztlich diente mir der Vertrag aus dem Femdom-Roman von G. Horsam, In dominanter Liebe, Band 2, als Beispiel. Ich entwarf einen ähnlichen Vertrag, in dem sowohl seine wie meine Verpflichtungen, wie auch Regeln und Rituale festgehalten wurden. Diese entsprechen auch aus heutiger Sicht durchaus einer Mischung zwischen Femdom und FLR, wobei auch für die ganz normalen Aspekte einer Ehe genügend Raum offen gelassen wurde. Natürlich war mir zu jeder Zeit bewusst, das dieses Papier keine rechtliche Grundlage bietet. Die Beschäftigung mit dem Vertrag machte mir unendlich viel Freude und Spass und führte zu wertvollen Erkenntnissen. Diesen sehr ausführlichen und ausgeschmückten BDSM Vertrag legte ich meinem Adam zur Prüfung vor. Er sollte jeden Satz und jede Regel genau lesen und sich seine Gedanken machen und allenfalls ein Veto oder Verbesserungsvorschläge präsentieren.
Genau genommen war dieser Vertrag viel mehr ein Dokument, welches unser Beziehungsmodell Femdom/FLR festhalten sollte, und zwar so, dass es uns beiden gerecht wurde. Gemeinsam durchgingen wir nochmals den gesamten Inhalt und legten das Datum fest, an dem wir mit einem Ritual diesen persönlichen Vertrag unterschreiben wollten. Es wurde ein kleines aber würdiges Fest, bei dem unsere Freundin und FemDom Kati uns durch ein sehr schönes und berührendes Zeremoniell führte. Es waren wunderbare Augenblicke tiefer Innigkeit, die wir mit unseren gleichgesinnten Freunden aus unserem Umfeld teilten, welche uns begleiteten und unterstützten. Der Vertrag wurden würdevoll von unseren Zeugen und uns unterschrieben, die Ringe ausgetauscht und somit war unser Beziehungsmodell feierlich und würdig besiegelt worden.
Vom Vertrag zur Umsetzung
Adam musste die Regeln auswendig lernen, damit er sie jederzeit zitieren konnte. Natürlich beherrschte ich sie auch in und auswendig, und sie stellten ein gutes Instrumentarium dar. Adam wollte die Regeln befolgen, es lag ihm sehr daran, alles richtig zu machen. Ich war konsequent und achtete darauf, dass die Regeln stets eingehalten wurden und die Aufgaben gemäss Vorgabe erfüllt wurden. Ich führte ein Strafbuch, und schrieb die Verfehlungen auf. Das war eine sinnvolle Angelegenheit, denn dadurch regte ich mich viel weniger auf. Ich schrieb auf, und notierte mir die Anzahl Punkte, welche den Schweregrad des Regelbruchs aufwog. Auch wenn ich spontan strafen konnte, zog ich vor, die Punkte zu sammeln und diese bei einer Strafsession zu neutralisieren.
Ein ganz wichtiger Aspekt war und bleibt, dass für den Mann Femdom wunderbar ist, solange alles rund läuft, Harmonie herrscht und keine persönlichen Missstimmungen vorhanden sind. Es brauchte einige Anläufe, bis mein Adam verstand, dass Femdom nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen darstellt, sondern dass es manchmal mühsam ist. Es bedeutet, dass er die Komfortzone verlassen muss, weil die Regeln mehr zählen, als aktuelle Befindlichkeiten. Zum Beispiel muss er nackt sein, wenn wir alleine zu Hause sind, und es die Temperaturen zulassen. Er ist gerne nackt, und ich sehe ihn gerne so, und es ist für mich ein Vergnügen, ihn jederzeit dort anfassen zu können, wo ich will. Anfänglich, wenn sein Stimmungsbarometer auf den Nullpunkt gesunken war, erschien er in Kleidung. Da musste er feststellen, dass nicht sein Wille diesbezüglich zählt, sondern meiner, und dass es keinen Grund gibt, in Kleidung zu erscheinen, wenn es nicht so angeordnet wurde. Das Torpedieren der Regeln aus welchen Gründen auch immer, liess ich nicht zu.
Der Vertrag beinhaltete Rituale, welche heute noch täglich wirksam sind und mit aller Deutlichkeit zeigen, dass wir eine Femdombeziehung führen. Er muss beispielsweise, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt zuerst mich als seine Ehefrau begrüssen, dann aber folgt die Begrüssung seine Herrin auf den Knien mit einem Fusskuss. Jeden Tag muss er vor dem Schlafengehen vor meinem Bett knien, und darf erst ins Bett, wenn ich es ihm erlaube. Daher gehen wir fast täglich zur gleichen Zeit ins Bett, und nachdem dieses Ritual vorüber ist, folgt das Nächste, welches jedoch ausschliesslich unserer Liebesbeziehung geschuldet ist. Wir kuscheln eine Weile, und geniessen die traute Zweisamkeit unserer Liebesbeziehung.
Von der Umsetzung des Vertrages zur nächsten Stufe
Nach einigen Jahren ist der Vertrag von damals nicht mehr passend. Nicht etwa, weil viel Neues dazu kommen sollte, sondern weil viel Altes nicht mehr passend ist. Die Inhalte aus dem Vertrag sind fest in unserem Alltag verankert, so dass die endlose Aufzählung der Regeln nichts mehr bringt. Zum jetzigen Zeitpunkt denke ich über eine Reduzierung des Vertrags auf die wichtigsten Elemente nach. Viel Brimborium, welches früher einmal ganz besonders reizvoll war, braucht es nicht mehr. Femdom ist ein Prozess und eine stetige Entwicklung.
Beide Partner wachsen zusammen, und entwachsen den zu klein gewordenen Schuhen und kommen von der einen Ebene zu der Nächsten. Der Reiz des früher Neuen wird abgelöst, durch das Vertraute und die Intimität einer langandauernden Femdombeziehung. Der Blick zurück zeigt, welchen Weg wir schon gegangen sind, was wir gemeinsam schon alles erlebt haben. Es gibt natürlich die Momente, in denen Femdom keine Rolle spielt und nur der Einzelne oder das Paar im Vordergrund steht. Dazu gehören Krankheiten, Schicksalsschläge, Todesfälle und schwere Krisen. Auch bei Femdom gibt es diese, genauso wie in jeder anderen Partnerschaft auch. Hat man aber schon einige Krisen gemeinsam überwunden, ist man gefestigt und weiss, unsere Femdombeziehung ist stabil und hält auch im Angesicht der üblichen Widrigkeiten des Alltags stand. Das ist ein tolles Gefühl, welches uns beide glücklich sein lässt.
Ja, Femdom-Beziehungen funktionieren im Alltag!
Zurück zu der Femdomparty und dem Gespräch mit der FemDom, welche mir gegenüber sass. Ich schilderte ein wenig unsere Art von Femdombeziehung und wie wir diese im Alltag leben. Sie stellte viele Fragen und war an meinen Ausführungen sehr interessiert. Dabei konnte ich ihr auch von befreundeten Femdompaaren erzählen, die genau so wie wir Femdom im Alltag leben. Klar ist, stellten wir beide fest, dass es nur funktioniert, wenn beide Partner es wollen. Einer alleine kann Femdom nicht aufrecht erhalten – es braucht den anderen, den Gegenpart, der es auch will. Und das ist schön so, denn Femdom leben ist eine Sache von zwei Personen, und wenn es sich um eine Beziehung und Partnerschaft handelt, ist die Liebe das dritte und zugleich wichtigste Element.