Teufelskreis zwischen Kopf und Emotionen

Manuel fragt:

Ich frage mich immer wieder wie ich mit folgendem Thema umgehen soll:
Meine Lady hat zwar eine geballte Neigung zum Sadismus, ist aber unheimlich gerne „Mädchen, Frau, Prinzessin“
Ich selbst bin anfänglich eher so gar nicht devot, dennoch, in gewissen „Settings“ drifte ich doch hinein. Ich denke, jeder ist in gewissem Maße devot.

So, also wie soll ich es vermitteln, dass ich gerne ihre konsequente Führung ( vor der ich aber auch eine gewisse Angst habe) hätte, ihr aber auch gleichzeitig das Gefühl des „Beschützers“, der starken Schulter geben kann?
Es ist ein ewiger, zermürbender Denkprozess in mir. Ich will, und ich kann nichts einfordern. Ich will es nicht einfordern, denn dann komme ich mir sofort wie ein Wunschzettelsub/Sklave vor. Ausserdem würde ich es sofort als Spielchen erkennen, und aussteigen, weil es (diese Neigung) angeboren ist.
Es ist ein Teufelskreis aus dem ich mir sehr schwer tue raus zu kommen. Ohne – ginge es nicht. Mit – weiß ich nicht, wie ich beide Seiten in mir harmonisieren soll.
Eine „Überforderung“ meiner Lady gegenüber wäre mir ein Gräuel, da ich sie wirklich sehr liebe, schätze, und achte.
Diese Anfrage kratzt nur an der Oberfläche, dessen was da in mir köchelt.
Auf einen spannenden, und informativen Austausch hoffend, Manuel

Lieber Manuel

Aus deinem Mail entnehme ich einige Schwierigkeiten, welche sich zu einem handfesten Knäuel formiert haben. Du scheinst in einem Teufelskreis zwischen Kopf und Emotionen zu stecken. Nun hoffe ich, dass ich deine Zeilen richtig verstehe und ein wenig dazu beitragen kann, den Knäuel zu entwirren.

Jeder ist in gewissem Masse devot?

Soll dies vielleicht eine Erklärung dafür sein, dass du deine devote Seite zulässt? Vielleicht hast du ein kleines, verstecktes oder unbewusstes Problem mit deiner Devotion. Damit bist du als Mann nicht alleine. Männer interpretieren leider allzu oft Devotion als eine Schwäche, und wenn sie selbst devot sind, nehmen sie sich eventuell in solchen Momenten als Schwächling wahr. Die Gesellschaft ist so ausgerichtet, dass Männer als Macho erfolgreich sein sollen. Ich wage jedoch zu bezweifeln, dass in jedem Macho ein dominanter Kerl steckt.

Devotion ist jedoch eine Stärke, keine Schwäche. Sich der Führung einer FemDom hinzugeben erfordert Mut und funktioniert nur da, wo der Kerl sich seines Wertes sicher ist. Selbstwertprobleme lösen den Zwang aus, sich gegen die Lady behaupten zu müssen. Ist das Selbstwertgefühl in Ordnung, ist die Annahme ihrer Führung kein Verlust in der Wertigkeit, sondern ein folgerichtiger Akt, der zu einem passt und gut tut. Ein devoter Mann ist nicht weniger wert als seine Lady; er hat nur weniger Rechte, und dies in einem Konsens, welche beide vereinbart haben.

Zwei Seelen wohnen ach! in deiner Brust

Ein Widerstreit verschiedener Bedürfnisse; daran kann ich nichts aussergewöhnliches finden. In Bezug auf BDSM ist es völlig normal, dass unterschiedliche persönliche Anteile zum Zuge kommen wollen. Du scheinst als Partner ein Ritter zu sein, welcher ganz Beschützer der Lady ist und gerne seine Schultern zum Anlehnen anbietet. Das passt doch perfekt zur Prinzessin. Gleichzeitig sehnst du dich nach einer harten und konsequenten Führung, die dich auf den Platz verweist, wo du hingehörst. Dass da auch Ängste mitschwingen, ob es dir dann wirklich gefallen mag, halte ich auch für absolut verständlich.

Deine Lady hat auch verschiedene Bedürfnisse. Zum einen beschreibst du sie als geballt sadistisch, zum anderen weisst du, dass sie es liebt, verwöhnt und beschützt zu werden, wie eine Prinzessin.

Unterschiedliche Szenarien haben durchaus Platz in einer Femdombeziehung. Wichtig ist, dass du dich mit deiner Herrin darüber austauschst, so dass beide voneinander die gewünschten Settings kennen.

Der Wunschzettel-Sub

So wie ich dich lese, scheinst du mit dir zu hadern. Es fällt dir schwer, die Wünsche nach einer straffen Führung konkret und klar zu formulieren, oder als echtes Bedürfnis zu deklarieren. Du möchtest auf gar keinen Fall als Wunschzettelsub gelten. Wunschzettelsub ist ganz sicher eine sehr negativ besetzte Bezeichnung. Ein Sub mit Wünschen ist noch lange kein Wunschzettelsub. Hier mehr zum Thema Wunschzettelsub. Du willst nichts fordern und einfordern, damit hast du nun wirklich nichts mit einem Wunschzettelsub gemein. Deine Sorgen sind deshalb unbegründet. Es ist völlig in Ordnung, dass du dir ein Setting wünschst, welches dir gut tut.

Der Antiwunschsub

Es ist genauso verheerend und zerstörerisch, wenn die Herrin nichts tun kann, was Sub sich wünscht. Fast könnte man die Bezeichnung Antiwunschsub für diesen Fall erfinden, denn er ist ebenfalls öfters anzutreffen. Der Antiwunschsub ist der Sub, der zwar Wünsche hat, aber auf keinen Fall derjenige sein will, der Wünsche hat. Der Antiwunschsub möchte nicht verantwortlich dafür sein, dass die FemDom etwas tut, was er sich wünscht. Die Angst, es könnte nur ihm zu Liebe geschehen, und nicht aus Lust und Freude in ihr selbst, paralysiert den Antiwunschsub und verhindert, dass er loslassen und geniessen kann.

Dieses Denkmuster hemmt nicht nur dich in deinem Subgefühl, sondern es lähmt deine Herrin in ihrem Handeln und Wirken beträchtlich. Damit werden beide um den Spass und den Genuss gebracht.

Was ist schlimm daran, dass deine Lady etwas machen könnte, was du dir wünschst? Denke darüber nach! Bist du es nicht wert, dass sie Anstrengungen unternimmt, dich auch glücklich zu machen? Du kennst sicher den Spruch: Wasche mich, aber mache mich nicht nass! Übertrage dieses Zitat auf deine Situation und versuche heraus zu finden, was denn am nass werden so Schlimmes dran ist und wie denn Waschen funktionieren könnte, ohne nass zu werden.

Sicherheit und Vertrauen aufbauen

Ein wichtiger Schritt, welcher dir zusätzlich helfen könnte, ist Sicherheit. Rede mit deiner Herrin über dieses Problem. Spreche offen an, dass du das Gefühl brauchst, dass sie dich nicht mit Erfüllung der Wünsche umsorgt. Du möchtest ihr zwar sagen, was du gerne hättest, aber du würdest es schrecklich finden, wenn sie es nur dir zuliebe umsetzen würde. Bitte deine Lady darum, dass sie nichts nur deinetwegen macht, nur um dich zufrieden zu stellen. Vielleicht ist sie auch bereit, dir dies zu versprechen und dir zu versichern, dass ihr Repertoire im DS wie im SM Bereich nur Dinge enthält, welche ihr selbst Lust und Freude bereiten. Das könnte dazu beitragen, dass du dich sicherer fühlst und besser loslassen kannst.

Unter uns, aus meiner Sicht macht eine FemDom nichts anderes. Sie packt die Wünsche ihres Subs in die Spiele mit ein, welche sie selber mag. Was ihr nicht gefällt, lässt sie ganz einfach sein. So ist dieser Aspekt des „nur dem Sub zuliebe“ gar nicht Teil des Wesens einer FemDom.

Falls ihr über dieses Problem konstruktiv reden konntet, hilft dir das vielleicht Sicherheit und Vertrauen aufzubauen. Damit ist aber nicht alles gelöst. Du bist gefordert, ihr zu glauben. Du kannst in dem Moment, wo dich das Gefühl überkommt „sie macht es nur meinetwegen!“ versuchen, innezuhalten, und dir und ihr die Chance zu geben, weiter zu machen. Glaube deiner Lady, und nicht deinem Kopf, der dich in solchen Situationen boykottiert. Versuche dich nur auf das zu fokussieren, was gerade in der Session passiert, oder in den Ds Situationen im Alltag. Suche nicht nach Haaren in der Suppe, wo keine sind. Übe dich darin und stärke deine Selbstsicherheit. Denn je sicherer du selber bist, umso weniger wichtig wird es für dich werden, ob sie nun A macht, weil du es dir gewünscht hast, oder weil es ihr Ding ist. Das Blitzen in ihren Augen und ihre Freude werden dir genügen, um im Setting drin zu bleiben.

Alles Gute

herzlich Lady Rose

 

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