Wie soll Sub Kritik und kritische Gefühle einbringen?

Peter fragt

In fast allen Foren steht nichts, wie ein Sub mit Gefühlen wie Ärger oder Wut gegenüber der Dame umgehen soll. Oder es wird suggeriert, dass Hingabe, Demut, Unterwerfung diese Gefühle verunmöglichen würden. Andererseits deutet die Psychologie diese Gefühle als Energie, die oft kurzfristig 5-10 Min kaum kontrolliert werden kann und ausgedrückt werden soll.
Einfacher kann die Frage auch formuliert werden: Wie soll Sub Kritik und kritische Gefühle einbringen?
Was kann die Leaderin tun, um einen Rahmen zu schaffen, dass solche Gefühle eingebracht werden können, ohne dass die Beziehungsstruktur gefährdet wird?

Beste Grüsse Peter

Lieber Peter,

Diese Frage ist immens wichtig und kommt in Tat und Wahrheit wirklich in allen Foren zu kurz. Sehr oft wird von FemDoms auf kritische Fragen oder Anmerkungen seitens eines Malesubs harsch reagiert. Lakonisch wird scheinbar von allen Seiten einfach Gehorsam und Unterwerfung verlangt. Nur der Wille der Herrin zählt, wird aufgeworfen und der Malesub hätte sich gefälligst zu beugen.

Ich wage allerdings zu behaupten, dass in der realen Welt die Kommunikation zwischen einer FemDom und ihrem Sub anders verläuft, als in der virtuellen Welt vorgegeben wird. Einer FemDom liegt in der Regel viel daran, dass der devote Partner auf seine Kosten kommt und zufrieden ist. Natürlich wird sie ihre Interessen in den Vordergrund stellen, doch werden seine Bedürfnisse berücksichtigt. Spielen Schmerz und Leid im sadomasochistischen Bereich eine Rolle, wird in der Regel im Vorfeld der passende Rahmen abgesteckt. Es kann dabei durchaus passieren, dass eine FemDom die Befindlichkeit des Malesubs in einer Session falsch einschätzt, verbal oder physisch Grenzen unbewusst überschreitet. Ebenso kann sie Forderungen stellen, welche aus zutiefst emotionalen Gründen vom Sub nicht erfüllt werden können.

Kochen kritische Gefühle in einer Session hoch, ist es etwas anderes, als wenn sie sich im Alltag zwischen den Partnern manifestieren. Kritik an der FemDom bezüglich einer Handlung innerhalb eines Spiels ist eine andere Geschichte als eine generelle Kritik an ihrem Verhalten. Entsprechend unterschiedlich sollte der Sub kommunizieren.

Wie soll Sub Kritik und kritische Gefühle einbringen?

Hier ist es wichtig, zwischen kritischen Gefühlen und Kritik zu unterscheiden. Kritische Gefühle sind meistens akut und sollten unmittelbar kommuniziert werden. Kritische Gefühle betreffen ganz klar den Malesub selbst. Kritik aber meint in diesem Fall wohl eher das Verhalten der FemDom, welches dann grundsätzlich in Frage gestellt wird, oder zumindest als unangemessen empfunden wird.

Kritische Gefühle in einer Session

Kritische Gefühle während einer Session, welche zu einer Eskalation oder zu einem Absturz führen könnten, gehören sofort kommuniziert! Unter dem Aspekt von SSC, einem gesunden, vernünftigen und einvernehmlichen BDSM-Spiel, sollte im Vorfeld bereits ein Safeword bestimmt worden sein. Spricht der Malesub dieses Sicherheitswort aus, führt dies zu einem sofortigen Abbruch der Session. Die FemDom wird sich in so einem Fall meistens sofort um ihren Sub kümmern und ihn emotional begleiten, um einen Absturz zu vermeiden. Wurde kein Safeword bestimmt, sollten Aussagen über seinen physischen oder emotionalen Zustand von der FemDom für bare Münze genommen werden. Allerdings sind Demütigungen oder Schmerzen oft Bestandteil des Spiels, und wenn nicht klar ist, dass „Bitte aufhören!“ wirklich so gemeint ist, wird die Verständigung schwierig. Wenn ein eher renitenter Sub dazu neigt, die FemDom herauszufordern, oder immer wieder kritische Einwände einzubringen, kann es für die FemDom sehr schwierig werden zu erkennen, dass er es jetzt gerade wirklich super ernst meint.

Deutliche Ichbotschaften sind das oberste Gebot. „Es geht mir gar nicht gut!“, „Es geht mir wirklich schlecht!“, „Ich kann jetzt damit gar nicht umgehen!“, oder „Ich bin gerade verdammt wütend!“, wird die FemDom hellhörig machen.  Auch eine deutliche und präzise Aussage wie: „Das kann ich jetzt wirklich nicht tun!“, kann dazu führen, dass die FemDom in ihrem Flow unterbrochen wird und sie nachfragt, was genau los ist. Wenn die Botschaften nicht als Renitenz bei der FemDom ankommen, sondern als kritisches Gefühl, wird sie in den allermeisten Fällen entsprechend reagieren. Wortlose Weigerung wird nicht zielführend sein, denn in einem solchen Augenblick kann die FemDom nicht erkennen, ob es dem Sub darum geht, sie zu boykottieren und einen Machtkampf anzuzetteln, oder ob er ein reelles Problem hat. Ein Problem beim Sub spricht ihr Verantwortungsgefühl an; sein renitentes Verhalten jedoch zielt auf ihre Stellung als FemDom ab.

Allgemein Kritik äussern

Kritik auf eine Weise zu äussern, dass diese nicht als verletzend und destruktiv wahrgenommen wird, ist nicht ganz einfach. Innerhalb einer Session würde ich dem Sub abraten, Kritik anzubringen, es sei denn, dass wirklich Gefahr droht oder ein Sicherheitsdispositiv nicht eingehalten wurde. Der Malesub kann dies jedoch sehr höflich formulieren. „Darf ich etwas Wichtiges sagen?“, kommt ganz anders an als „Du machst das falsch!“, oder „Was machen Sie da für einen Quatsch!“. Solange das Verhalten und die Handlungen der Lady auszuhalten sind und keine kritischen Gefühle beim Sub auslösen, würde ich empfehlen, es einfach durchzustehen. Alles hat seine Zeit und für Kritik ist der richtige Zeitpunkt ein ganz wichtiger Aspekt.

Nach der Session ist die Zeit sich zu überlegen, was genau der Vorwurf ist und wie dieser am besten formuliert werden könnte. Es ist einfacher, wenn es um technische Angelegenheiten geht, zum Beispiel um Schlagtechniken, Körperstellungen oder Sicherheitsaspekte. Betrifft es Demütigungen oder Schmerzen, wird es emotionaler und hier ist es wichtig so sachlich wie möglich zu bleiben und die Sache zu thematisieren, und nicht die FemDom.

Betrifft es die Beziehung und nicht nur eine Session, ist ein differenziertes Vorgehen nötig. Wenn Femdom in einer Kombination mit FLR gelebt wird, und sie einvernehmlich die Chefin ist, sind die Konditionen anders. Ich empfehle allen devoten Partnern, welche ein Problem haben, die Herrin des Hauses anzusprechen und um ein Gespräch zu bitten. So weiss die FemDom, dass ein ernstes und wichtiges Gespräch ansteht und wird sich darauf einstellen.

Bitte auf keinen Fall zwischen Tür und Angel eine Auseinandersetzung vom Zaune brechen. Sind Emotionen auf beiden Seiten schon am Kochen, ist die Gefahr einer Eskalation sehr hoch. Es ist deutlich besser das Gespräch auf einen Zeitpunkt zu verlegen, an dem die Gemüter sich beruhigt haben. Als devoter Part macht es Sinn, sich ein paar gründliche Gedanken zu machen und das Wichtigste zu notieren. So kann nebenbei auch geklärt werden, ob wirklich alles so schlimm ist, wie im Moment der Wut oder der Missstimmung gedacht.

Sollte der männliche Part das Gefühl haben, dass er sich nicht so verhalten oder ausdrücken kann, wie es seiner Stellung angemessen ist, kann er seiner FemDom auch schreiben. Hier empfehle ich einfach einmal anzufangen, um in den Fluss zu kommen. Der Brief muss ja nicht in der ersten Version der Dame des Hauses übergeben werden, sondern kann durchaus nochmals revidiert und angepasst werden. Auch da ist es wichtig, sich in Ichbotschaften auszudrücken. Vorwürfe und Schuldzuweisungen führen meistens nicht zum Ziel. Im schriftlichen Austausch kann es zu Missverständnissen kommen, deshalb ist es besonders wichtig eindeutig zu formulieren.

Was kann die FemDom für eine ausgewogene Kommunikation tun?

Je restriktiver die Führung innerhalb einer Femdombeziehung ist, umso wichtiger ist es, dem Malesub eine Möglichkeit zu bieten, seine Probleme formulieren zu können. Gerade wenn ein Sub sehr devot ist, ist es bei ihm nicht von vornherein angelegt, sich zu wehren oder sich negativ zu äussern. Auch könnte er einfach denken, es ist eben so, ich muss das einfach aushalten. Er könnte annehmen, da es ja immer wieder in Foren so abgehandelt wird, dass es ihm nicht zusteht, seine schlechte Befindlichkeit zu kommunizieren. Es kann auch mitspielen, dass Männer generell mit Problemen anders umgehen und sowieso eher die Neigung haben, ungelöste Situationen mit sich selbst auszumachen. Oft kommt es auch vor, dass ein Malesub seine FemDom nicht mit seinem eigenen Kram behelligen will. Allerdings ist lange aufgestauter Frust für ihn selbst und für die gesamte Beziehung Gift. Kritische Gefühle, welche durch die FemDom verursacht werden, und Kritik darf nicht nur, sondern muss aufs Tapet gebracht werden, um der Beziehung langfristig eine Chance auf Bestand zu geben. Je schneller das Problem, die Kritik, oder die schlechte Befindlichkeit kommuniziert wird, umso schneller wird es wieder gut!

Die FemDom hat folgende Möglichkeiten

Für Sessions ein Safeword bestimmen. Es soll ein einfaches Wort sein, wie zum Beispiel Mayday, welches dem Sub im akuten Fall auch noch präsent ist.

Für Sessions den Ampelcode anwenden. Grün: alles gut, Gelb: bitte langsamer und weniger heftig, Rot: bitte aufhören.

Mindestens wöchentlich mit dem Malesub über die gemeinsame Femdomsituation ein Gespräch führen. Ihn bewusst fragen, ob etwas ansteht, wie er sich fühlt, und ob es aktuell ein Problem gibt. Wirkt er zögerlich und unsicher, ist es wichtig ihm Zeit zu lassen und ihn zu ermuntern.

Wenn das Gefühl bei der FemDom entsteht, dass etwas nicht stimmt mit ihrem Sub, soll sie ihn am besten direkt ansprechen. Dies aber bitte nur wenn der Rahmen für ein Gespräch gegeben ist, genug Zeit vorhanden ist und beide gerade keinen anderweitigen akuten Stress haben.

Den Sub ein Tagebuch führen lassen. Es gibt zahlreiche elektronische Tagebuchtools, doch auch ein ganz normales Schreibheft kann den Zweck erfüllen. Wichtig ist, dass dieses Tagebuch der Femdombeziehung dienen soll und ausgemacht ist, dass die FemDom es liest. Aus diesem Tagebuch kann die FemDom viel über ihren Sub erfahren.

Hat die FemDom eine Vermutung, kann sie dem Sub auftragen, zu einer einzelnen Frage oder einem Thema einen Text zu schreiben. Aus diesem kann sie lesen, was ihren Sub gerade umtreibt.

Die FemDom kann, falls sie es genau wissen möchte, einen Fragebogen erstellen, welcher der Sub ausfüllen muss. Die Fragen können sich auf das Zusammenleben beziehen und auf die Sessions. Einen solchen Fragebogen regelmässig ausfüllen zu lassen, macht durchaus Sinn.

Sollte eine Kritik ausgesprochen werde, welche die FemDom nicht versteht, kann sie ihren devoten Partner beauftragen, verschiedene Lösungsansätze zu formulieren und Vorschläge für eine Änderung auszuarbeiten.

Eine Femdombeziehung ist eine lebendige Angelegenheit und unterliegt einer steten Entwicklung und Wandlung. Es müssen ab und an Korrekturen angebracht werden und Richtungsänderungen können vorkommen. Das Wichtigste jedoch ist es, wie auch bei jeder anderen Beziehung, im Austausch und in Tuchfühlung zueinander zu bleiben und aufmerksam und achtsam gegenüber dem Partner zu sein. So können Krisen vermieden und Probleme gelöst werden, bevor sie eskalieren.

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